Streifzug durch die Stadtgeschichte
Nach der letzten Eiszeit vor ungefähr 20.000 Jahren begann die Geschichte von Titisee-Neustadt mit dem berühmten Feldberggletscher, der eine tiefe Mulde ins Seebachtal hineinschürfte, die heute Titisee heißt.
Schon in der Frühzeit lebten Menschen hier, steinzeitliche Jäger oder später keltische Sippen, wie rund um die Stadt Hunderte von bronzezeitlichen Steingrabhügeln beweisen.
Die Römer haben eine Straße von Hüfingen in den Breisgau gebaut. Sie führte über die Hochebene im heutigen Ortsteil Schwärzenbach bis zum Thurner. Oberhalb von Waldau hat man beim Bau der B500 Fundamente der einstigen Römerstraße gefunden.
In den ältesten Urkunden aus dem 12. Jahrhundert, die den Titisee erwähnen, heißt er „lacun titinse“ (1150) oder „titunsee“ (1111). Das geht auf einen alemannischen Anführer Titin zurück, der nicht weit entfernt im alemannischen Ausbaudorf „Titinshusen“ lebte, dem heutigen Dittishausen. Aufgrund des Fundes zweier alemannisch-fränkischer Sarkophage im 19. Jahrhundert am Ausfluss des Seebach, weiß man inzwischen, dass schon im 7. und 8. Jahrhundert Menschen am See siedelten.
Bevor die Fürsten zu Fürstenberg im 13. Jahrhundert die „Nuwenstatt“, die „neue Stadt“ gründeten, existierte auf der Gemarkung bereits ein Dorf Honfirst, das von Kleinadligen aus dem Umfeld des Klosters St. Gallen angelegt wurde. Vieles spricht dafür, dass zu diesem Dorf eine „Burg Honvirst“ gehörte, die auf dem Bergrücken stand, der heute noch Burgkopf heißt.
Die „neue Stadt“ Neustadt bildete den Mittelpunkt des fürstenbergischen Verwaltungs- und Gerichtsbezirks der „Herrschaft über Wald“. Bedeutsam ist das Protokoll eines Prozesses aus dem Jahr 1316, bei dem es um einen Streit zwischen dem Kloster Friedenweiler und der Bäuerin Irmingard ging, welche dem Kloster ihr bestes Vieh im Stall abgeben sollte, weil ihr Mann gestorben war. Die Urkunden zum Prozess erwähnen auch erstmals Orte wie Rudenberg, Reichenbach, Schwärzenbach und Schildwende, die freilich alle viel älter waren.
Neustadt war im Mittelalter Salzstadt, ein ganz besonderes Privileg. Die Stadt richtete einen eigenen Salzhandelsplatz ein. Er befand sich in der heute noch so heißenden Salzstraße, im „langen Haus“. Am „Galgenbuck“ beim heutigen Friedhof stand das Hochgericht, denn Neustadt war auch Gerichtsort.
Bauern aus Waldau, aus dem Jostal und aus den übrigen Dörfern rund um Neustadt haben sich an den Aufständen des Bauernkrieges beteiligt. Sie schlossen sich an, als der Bauernführer Hans Müller von Bulgenbach 1524 und 1525 durch Altenweg und das Langenordnachtal zog.
Marodierende schwedische Söldner streiften im Dreißigjährigen Krieg bis nach Neustadt und ermordeten dort im Mai 1638 den Neustädter Pfarrer Anton Wehinger. Die Schilderung dieser Tat lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Der Ortspfarrer Anton Wehinger wird gefangen genommen, verwundet, auf den Rücken gelegt, mit Wasser durch den Mund vollgepumpt und dann durch die mit den Füßen auf ihm trampelnden Soldaten aufs grausamste getötet.“ An die Schweden erinnert am Saigerberg noch das „Schwedenkreuz“.
Das 17. Jahrhundert in Neustadt brachte die Gründung des Kapuzinerklosters, das heute noch als „Klösterle“ erhalten ist. Mit der Säkularisation 1803 musste es enden, es wurde auf den Aussterbeetat gesetzt.
Neben dem Klösterle besaß Neustadt von Anfang an auch eine eigene katholische Kirche, die immer am gleichen Platz stand. 1897 entstand dort in seiner neugotischen Pracht das heutige Jakobus-Münster, zu großen Teilen finanziert durch ortsansässige Klein- und Großspenden.
Die ältesten Gasthäuser der Stadt sind das Ahorn in Schwärzenbach, das 1455 erstmals in Urkunden auftaucht, die Traube in Waldau (1550), das „Obere Wirtshaus“ (1692) in Langenordnach. Sehr alte und zum Teil heute noch existierende Wirtshäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert in Neustadt sind die Krone (heute Pizzeria Rusticana), der Pfauen (heute Pizzeria Pescatore), der Löwen (heute Zum Goldenen Löwen, China-Restaurant).
Die ältesten Häuser der Stadt sind 1817 beim großen Stadtbrand in Schutt und Häuser gelegt worden. Angeblich waren kaiserliche Soldaten am Brand schuld. Sie hantierten mit offenem Feuer im Stall, entzündeten das Heu und damit das ganze Haus, und bald brannte die ganze Stadt. Über 300 Familien wurden obdachlos.
Schon im 18. Jahrhundert begann die Neustädter Industriegeschichte. Die erste Fabrik der Stadt war eine Strohhutfabrik, die zeitweise bis zu 200 Strohflechterinnen beschäftigte. Später folgten die Tuchfabrik, die Uniformstoffe für das Großherzogtum Baden produzierte, die Neustädter Uhrenfabriken, mehrere Sägewerke, die Schraubenfabrik und die Papierfabrik, die als einzige der aufgezählten Fabriken heute noch existiert.
Parallel zur Industrialisierung erlebte auch der Fremdenverkehr seinen Aufschwung. Mit der Fertigstellung der Höllentalbahn 1887 bis Neustadt und 1902 bis Donaueschingen strömten die Urlauber in Scharen nach Titisee. Titisee bot das ganz große Theater, Deutsche Meisterschaften im Eiskunstlauf, eine olympiareife Rodelbahn, die von Saig nach Titisee noch heute existiert, Flugzeuglandungen auf dem zugefrorenen See, Auto- und Motorradrennen auf dem See. Inzwischen gibt es am See auch einen Golfplatz und ein großes Spaß- und Wellnessbad, das Badeparadies.
Das letzte historische Großereignis der Stadtgeschichte war die Fusion und Eingemeindung der heutigen Ortsteile im Zuge der Gemeindereform in den 1970er Jahren. Es kamen zwischen 1971 und 1974 zusammen: Neustadt und Titisee, inklusive Namensänderung der Stadt in Titisee-Neustadt, Rudenberg, Schwärzenbach, Waldau und Langenordnach.